Der »Mere-Exposure-Effekt« zeigt, dass eine bloße regelmäßige Wiederholung einer Tatsache zu einer positiven Bewertung führt. Wer sich diesen Gewohnheitseffekt zu nutzen macht, kann fast alles verkaufen.
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Ich habe einigen Freunden und Startups dabei geholfen, Produkte auf den Markt zu bringen, die erfolgreich sind.
Wir kennen zahlreiche Produkt-Beispiele, die eigentlich super innovativ sind und trotzdem scheitern. Die gute Nachricht: Es gibt eine Möglichkeit ein Produkt so zu erstellen, dass es nahezu jeder lieben wird.
Die Suche nach dem perfekten Produkt
Um zu erklären, wie man das perfekte Produkt findet, nutze ich die Geschichte des unglaublichen Raymond Loewy (1893 – 1986).
Loewy machte einen Ausflug von Frankreich nach Amerika, da seine Brüder bereits erfolgreich im neuen Land der Hoffnung Fuß fassten. Als er in New York ankam und vom Anblick zu jener Zeit schockiert war, fasste er die Entscheidung, Amerika schöner zu machen.
Nach drei Jobs im Design-Umfeld, bei dem Loewy jede Chance nutzte, zu lernen, gründete er seine eigene Designagentur und begann das Design Amerikas zu verändern.
Er entwarf das Design für eines der schönsten Autos zu seiner Zeit: Dem Studebaker.
Es folgten Designs für die S1-Dampflokomotive, einen Greyhound-Bus und weitere Fahrzeuge. Er erstellte Logos für die Unternehmen SPAR und Lucky Strike. Schließlich kreierte er sogar das Design für die Airforce One und für NASA-Raumschiffe.
Doch wie schaffte es Loewy so erfolgreich zu sein? Er ist wie der Steve Jobs des frühen 20. Jahrhunderts.
Er selbst formulierte die Formel, die heute durch zahlreiche wissenschaftliche Studien belegt ist:
Schaffe ein Produkt, dass möglichst Fortgeschritten und trotzdem akzeptierbar ist (FUTA).
Er selbst nannte es MAYA (Most Advanced, yet Acceptable).
FUTA oder MAYA umschreibt das Phänomen, dass ich bereits beschrieben habe, als ich darüber schrieb, wieso Menschen nicht kaufen.
Menschen mögen Neues! Doch sie mögen auch Bekanntes.
Wir müssen uns nur noch überlegen, wie uns diese Kombination gelingt.
Wie schaffen wir eine Kombination aus Neuem und Bekanntem?
Lass mich mit einem Beispiel beginnen.
Der Musik-Streaming-Anbieter Spotify lebt davon, dass Du ständig Lust hast, Musik zu hören. Wir wissen schließlich, dass nur aktiv genutzte Apps wertvoll sind. Nur wenn Du regelmäßig hörst, kann Spotify mit Dir Geld verdienen.
Darum erfand das Spotify-Team einen Service, der Dich jede Woche mit neuer Musik überrascht. Jede Woche sollten in einem Kanal automatisch 30 neue Hits erscheinen.
Das Unternehmen praktizierte viele Tests, um herauszufinden, welche Mischung an Liedern für welchen Zuhörer ideal ist. Sie taten sich nicht leicht. Irgendwie erhielt der Kanal keine Traktion.
Durch einen technischen Fehler passierte etwas Blödes. Für ein paar Wochen wurden aus Versehen bei mehreren Nutzern auch alte Songs in die Liste gemischt.
Schnell wurde der Fehler jedoch bemerkt und behoben. Die Folge war, dass Nutzerzahlen drastisch sanken.
Auf diesen Weg hat Spotify durch Zufall herausgefunden, dass Menschen gerne neue Songs erleben, aber nur, wenn sie mit bekannte Songs gemischt sind.
Wir wissen auch, dass Lieder, die sicher erfolgreich sein sollen, ähnliche Rhythmen und Akkorde aufweisen, wie Superhits der Vergangenheit.
Wir wissen auch, dass Filme, die als Remake oder als Fortsetzung entstehen, mit einer hohen Wahrscheinlichkeit sehr erfolgreich sind.
Wie kannst Du Dein perfektes Produkt schaffen und verkaufen?
Schon bei der Entwicklung Deines Produktes solltest Du darauf achten, Beständigkeit zu zeigen.
Ich habe vor einigen Monaten versucht etwas Russisch zu lernen. Dafür probierte ich fünf verschiedene Apps aus. Ich suchte nach einem neuen Weg, Sprachen bequem und einfach zu lernen – nicht nach den langweiligen, alten Modellen.
Die Gewinner waren nicht Babbel und Co., sondern eine relativ junge App: Drops.
Die App vereint leichtes Lernen mit schnellem Wischen und neuen Ideen mit den bekannten Lernmethoden Wörter zusammensetzen, Bilder zuordnen usw.
Die Kombination aus Neuem und Bekannten macht die App so erfolgreich.
Überlege Dir für Deinen Markt, was bekannte und genutzte Muster sind. Sei im Design nicht zu innovativ. Verwende Muster, die Deine Nutzer kennen. Nur so kannst Du eine schnelle Adaption an Deine Innovation erreichen.
Wie finde ich das richtige Design?
Die Studien der letzten Jahre haben ein klares Bild gezeigt, welches Design wann gut funktioniert.
Wir wundern uns, warum plötzlich der Look aus den 90ern wieder modern ist. Es gibt einen Grund dafür, dass sich Mode wiederholt.
Deutlich wird dies, wenn man sich die drei Phasen des Lebenszyklusses eines Trends anschaut.
- Ein Trend wird als leichte Adaption eines ehemaligen Trends eingeführt, den aber keiner mehr verfolgt.
- Mehr und mehr Menschen springen auf den Trend auf und reiten auf der Welle mit.
- Irgendwann bemerken sie eine Übersättigung und springen wieder ab.
Ein Unternehmen muss darum immer im Auge haben, welcher Trend gerade dabei ist abzuheben und sollte diesen zumindest zum Teil nachgehen. Oder besser: Eigene Trends setzen.
Die Kurve über die Zeit sieht so aus:
Verstehe mich nicht falsch. Als Designer müssen wir nicht auf andere Trends aufspringen. Wir können auch neue Trends setzen. Die einfache Regel dazu lautet nur:
Lehne Dein Design und Deine Funktionen an etwas an, dass schon bekannt ist.
Schaue Dir die Gewinner des RedDot-Designpreises an. Nahezu alle Formen erinnern an etwas Bekanntes. Der frei stehende Lautsprecher, der aussieht wie eine Blumenvase. Ein Waschbecken, das wirkt wie eine Kommode. Eine Karaffe mit Schnabel, wie ein Vogel – ein Haustier.
Menschen haben i. d. R. eine positive Neigung zu Haustieren oder Blumen. Es ist sinnvoll mit einem neuen Gerät, das Gefühl zu vermitteln, etwas von diesem wohligen Gefühl einkaufen zu können.
In einer Zeit, in der immer weniger Menschen Zeit und Lust haben, ein Haustier zu halten, kann selbst eine Karaffe die Lücke füllen. Verrückt, aber wahr.
Spannender wird das Ganze im klassischen Verkaufsgespräch.
Die FUTA-Verkaufsregel
Wer ein Produkt verkaufen oder vermarkten will, darf auf keinen Fall damit beginnen, die neuen Features hervorzuheben. Auch wenn wir Neues mögen, haben wir bereits gelernt, dass bekannte Inhalte mehr überzeugen.
Wenn Du eine Diskussion damit beginnst einen Gegenstandpunkt zu bringen, werden alle Zuhörer, die anderer Meinung sind, sofort eine negative Haltung einnehmen.
Sinnvoller ist es, den anderen langsam von seiner Position in die Mitte zu ziehen, um ihn dann langsam zu gewinnen.
Beispiel: Ein Lobbyist für ein unbegrenztes Tempolimit beginnt eine Rede wahrscheinlich nie mit »schnell fahren macht Spaß …«, sondern eher mit:
»Vor einigen Tagen ist ein Mann mit 150 km/h in nach einem Aufprall auf ein anderes Auto auf der A8 ums leben gekommen. Ich bedauere zu tiefst, dass in der heutigen Zeit, mit den aktuellen technischen Möglichkeiten so ein tragischer Moment geschehen musste. Der Mann hinterlässt eine Frau und zwei Kinder. Das tragische ist: Ein Tempolimit hätte dem Mann nicht geholfen. Der Verursacher war ein 81-jähriger Mann, der mit 75 km/h unbemerkt die Spur verließ, sodass selbst der Bremsassistent des auffahrenden Autos nichts mehr tun könnte. Die häufigsten Unfälle geschehen durch Unachtsamkeit nicht durch zu hohes Tempo …«
Merkst Du den Unterschied? So funktioniert es auch im Verkauf. Mein Alpha Star Aktienfonds ist ein Aktienfonds wie jeder andere auch. Er unterscheidet sich im Vorgehen nicht von anderen Fonds, die in den Deutschen Mittelstand investieren.
Unser Vorteil für den Anleger liegt in der Garantie, dass die Gründer alles nötige geben werden, um eine hohe Rendite zu erzielen! Denn die Gesellschafter des Unternehmens sind insgesamt mit über 2. Mio. € privat investiert. Sie haben ein intrinsisches Interesse an einer guten Rendite usw.
Ein komplett neues Finanzprodukt auf den Markt zu bringen, wäre damals eine Möglichkeit gewesen. Es lassen sich ohne Probleme komplexe Konstrukte schnüren, die innovativ sind. Das Problem ist nur, dass sie so innovativ wären, dass wir selbst nicht mal daran glauben würden. Der Mensch mag Beständigkeit.
Nutze dieses Wissen in Deinen Marketingtexten, im Vertriebsgespräch und bei der Überzeugung anderer Menschen, damit Du mit Verkaufserfolgen endest.
Selbst, wenn Du ein hoch innovatives Produkt verkaufst. Preise es nicht als solches an.
Mit dem Start unseres Services zum Versand von WhatsApp-Nachrichten von Unternehmen an Abonnenten haben wir absolutes Neuland betreten. Kein Anbieter weltweit hatte das vor uns hinbekommen.
Wir haben die Innovation nicht ins Rampenlicht bewegt, sondern das Projekt einfach als Newsletter per WhatsApp verkauft. Siehe da: Jedes Unternehmen war auf bekannten Terrain und hatte einfach nur die Besonderheit des Kanals geschätzt. Ein Newsletter ist schwer als Risiko zu sehen.
Als wir probiert hatten Chatbots, künstliche Intelligenz und andere Möglichkeiten der Ergänzung im Verkaufsgespräch zu erwähnen, viel die Verkaufsquote drastisch.
FUTA ist das Zauberwort! Fortgeschritten und trotzdem akzeptierbar.
In allen Lebensbereichen mit FUTA alles verkaufen
FUTA funktioniert nicht nur im Geschäft. Du möchtest Deinen Partner von einer Reise überzeugen? Dein Partner liebt Fußball und fährt extrem gerne zu Bundesligaspielen und verpasst da nichts?
Suche eine Reisezeit außerhalb der Saison. Wenn Du nach Barcelona reisen möchtest, prüfe, ob in dieser Zeit eine Stadionbesichtigung möglich ist. Fast alle Fußball-Vereine der Welt bieten Programme für Fans an. Mit diesem speziellen Reiseziel bekommst Du Deinen Fußball-Fan ins Boot bzw. ins Flugzeug.
Gewohnheiten zu nutzen spielt in allen sozialen Interaktionen eine Rolle. Der Mere-Exposure-Effekt ist kein Sonderfall für Business-Brains. Er trifft jeden Menschen. Und wir können es nicht umgehen.
Um uns selbst von diesem Effekt zu lösen, bräuchten wir jede Menge Training in der Selbstbeherrschung. Eine nahezu unlösbare Aufgabe.
Wenn Du den Effekt schon nicht ändern kannst, dann nutze ihn wenigstens. Ich bin gespannt auf Deine Erfahrungen.