Jan Heitmann ist Deutschlands bekanntester Pokerexperte. Für einige Freunde habe ich sein Seminar Pokern & Business gebucht, um zu lernen, welche Überschneidungen beide Disziplinen haben.
Privates Poker-Event im Schloss Friedberg Pokerchips – das Werkzeug für gute Information und langfrisitge Gewinne Jan Heitmann – Pokerexperte
Beim Pokern (No Limit Hold’em) erhält jeder Spieler zwei Karten, die nur er selbst kennt. Auf dem Tisch werden fünf Gemeinschaftskarten aufgedeckt.
Nach jeder Runde, bei der Karten ausgeteilt wurden, werden Wettrunden durchgeführt, bei der jeder Spieler entscheiden kann, wie viel er bereit ist zu Zahlen, um am Ende seine beste Kombination aus fünf Karten zu zeigen.
Ich will Dich nicht mit Regeln langweilen, die Du wahrscheinlich sowieso wahrscheinlich einigermaßen kennst.
Interessant fand ich, dass Jan das Seminar mit einer typischen Spielweise als Konzept begann.
Tight Aggressive Spieler (TAG) — So investiert man richtig
Tight Aggressive Spieler (TAG) sind die typischen, erfolgreichen Pokerspieler. Sie spielen nur etwa 20 % aller Starthände und entscheiden sich in 80 % der Spielrunden für einen direkten Fold.
Schlechte Startkarten wie eine 2 und 7 haben wenig Chancen auf ein positives Investmentergebnis. Gute Karten haben einen höheren Erwartungswert.
Im Moment der ersten Entscheidung hält jeder Spieler zwei Karten und hat noch keine Information über das Potenzial der anderen Spieler.
Doch die Statistik weiß, wie oft welche Karte gewinnen sollte. Gute Spieler beginnen sofort mit einem Raise. Sie sagen: »Wenn Du mitspielen willst, musst Du investieren und den gemeinschaftlichen Pott vergrößern.«
Mit der Öffnung des Flops, Turns und Rivers muss jeder Spieler neu evaluieren, wie gut seine Kombination im Vergleich zu den potenziellen Karten der Gegner ist.
Interessant ist der Unterschied zwischen Anfängern und Profis. Während Anfänger aus Spaß, Interesse oder Unwissen nahezu jede Hand spielbar finden, spielen Profis nur eine geringe Spanne an Karten.
Bei Investments ist es ähnlich.
Ein guter Entscheider geht nur Geschäfte ein, die mit einer hohen Wahrscheinlichkeit profitabel sind.
Die Entscheidungen sind ähnlich. In beiden Fällen steht man vor einem gewissen Grad an Informationen. Einige sind am Markt bekannt, aber jeder hat einen geheimen, individuellen Einblick.
Warum den Einsatz erhöhen?
Angenommen Du hast eine gute Pokerhand – vielleicht sogar die Beste (AA). Zwei Spieler zahlen ihren Pflichteinsatz, den Small und Big Blind. Jetzt bist Du an der Reihe.
Du könntest mit einem Call günstig mitgehen oder erhöhen (raisen). Ein einfacher Call lässt andere Spieler mit im Spiel. Viele entscheiden sich dafür, um später mehrere Gegner zu haben, die sie melken können.
Ein Profi würde sich trotzdem immer für den Raise entscheiden und deutlich erhöhen. Wenn Deine Gegner zu günstig mitspielen dürfen, können sie auch mit schlechten Karten per Zufall einen passenden Flop treffen.
Wenn Du mit Deinem Gebot nicht polarisierst, kannst Du auch die Karten Deiner Gegner nicht weiter einschätzen. Was sagt es Dir aus, wenn jeder nur seinen Mindesteinsatz leisten muss? Nichts.
Auch bei unternehmerischen Entscheidungen lohnt es sich häufig zu polarisieren, um für klare Verhältnisse zu sorgen. Es macht Investitionen in Unsicherheit etwas klarer.
Bei niemandem kann man diese Methode besser beobachten, als beim amerikanischen Präsidenten Donald Trump. Als jugendlicher war ich genau dafür Fan von Trump. Ich fand diese Fähigkeit – auch wenn sie schon damals häufig unter die Gürtellinie ging – sehr beeindruckend.
Ein Trump weiß immer woran er ist, indem er provoziert, reizt und aufhetzt.
In gewissen, humanen Größenordnung lohnt es sich diesen Aspekt aus dem Pokerspiel auf die Geschäftswelt zu übertragen.
Position ist alles
Spieler, die mehr wissen, als ihre Mitspieler sind klar im Vorteil. Darum sind sich auch schon mittelmäßige Spieler bewusst:
»Je weiter hinten ich sitze, desto besser.«
Gemeint ist damit Deine relative Position zu den anderen am Tisch. Die beste Position ist der Platz am Dealer-Button. In jeder Wettrunde erhält der Spieler vollen Einblick auf die gesamte Wettrunde und muss erst dann entscheiden.
Waren die anderen aggressiv, passiv oder vorsichtig? Du kannst »in Position« Deine Schlüsse daraus ziehen und bessere Entscheidungen treffen.
In Verhandlungen oder Meetings gilt daher oft der Grundsatz, dass Schweigen Gold ist. Der Grund ist, dass Dir Deine Gesprächspartner alle ihre Argumente und Ideen zeigen. Du kannst Dir nun Deine Strategie zurechtlegen und darauf reagieren.
Im Geschäftsumfeld funktioniert das prima. Du kannst sogar Rückfragen stellen, die noch weitere Informationen liefern. So wie auch am Pokertisch geredet wird, um Mikro-Reaktionen aus den Gesichtern der Gegner hervorzulocken.
Pokern ist ein unendliches Spiel ~ Business meist auch
Ein endliches Spiel ist dadurch gekennzeichnet, dass es feste Gegner, klare Regeln und ein Ziel gibt, welches irgendjemand erreichen wird und damit das Spiel endet.
Poker ist ein unendliches Spiel, bei dem man sich theoretisch immer wieder an einen Tisch setzen kann, neue Gegner, andere Einsätze und andere Umstände vor sich sieht.
Dies gibt uns die Möglichkeit, nicht von unserer Strategie abzuweichen, nur damit wir auch in einer schlechten Situation noch das Spiel gewinnen.
Ein Pokerspieler spielt daher nie um den Sieg. Er weiß, dass er sogar ein paar Spiele verlieren darf, weil der Pott meist viel größer ist, als sein eigener Einsatz, um ihn zu gewinnen.
Ein Unternehmer sollte seine Entscheidungen auch nicht mit Blick auf Quartalszahlen oder kurzfristigen Preisen treffen. Viel wichtiger ist die solide langfristige Entwicklung.
Treffe jede Entscheidung langfristig richtig. Suche nicht das schnelle Geld in Spielen. Wenn Deine Mathematik stimmt und Deine Einsätze nie Deine Existenz gefährden, wirst Du langfristig sehr erfolgreich.
Große Pots gewinnen, statt viele Pots
Ein häufiger Denkfehler: Desto mehr Hände ich spiele, desto mehr Chancen habe ich, Geld zu gewinnen. Beim Pokern lässt jede Wettrunde den Pott steigen – meistens exponentiell.
Treffe ich die Entscheidung mit schlechteren Händen in einen steigenden Pott zu spielen, ist meine Gewinnchance nicht besonders hoch.
Wieso sollte ich mir vornehmen: »Ich spiele eine schlechtere Hand als die anderen. Lass uns um mehr Geld spielen.« Das ergibt wenig Sinn. Darum versuchen wir mit guten Händen große Pots aufzumachen.
Und darum werden wir auch manchmal verlieren. Eine Chance auf große Pots besteht nicht mit der besten Hand gegen die schlechteste Hand, sondern nur mit einer sehr guten Hand gegen eine gute Hand.
Versuche Dir die Projekte zu wählen, die das größte Potenzial haben und gib dafür alles. Fahre keinen schmerzfreien Mittelweg, der Dich auch nicht nach vorne bringt. Das machen schon unsere innovationsscheuen Konzerne.
Fazit für gute Entscheidungen
In unserem langen Pokerabend haben wir noch viel mehr Konzepte besprochen. Ich fand es nur wichtig, die grundsätzlichen Denkweisen zu unterscheiden.
Setze Dich an den richtigen Tisch mit den leichtesten Gegnern. Und nutze dort die Fähigkeiten der Profis.
Während Deine Gegner ihre Hände ausgeteilt bekommen und während die Gemeinschaftskarten ausgeteilt werden, schaue Deinem Gegner ins Gesicht, statt auf die Karten.
Du siehst: Jeder Informationsvorsprung kann helfen.
Meine wichtigste Lehre für Dich ist einfach:
Nutze nur die besten Chancen, sei dann aggressiv, sammele Dir alle Informationen, die Dir zum Sieg helfen und wiederhole dies, auch unter dem Bewusstsein, dass man mal verlieren kann und muss.
Wenn die wichtigsten Pots groß genug sind, lohnen sich gute Investments mehr.