Geständnisse: Die 7 größten Fehler eines Startup-Gründers

Heute halte ich einen Vortrag bei Rotary in Augsburg. Der Vortrag war ursprünglich mit dem Titel »Die 7 größten Fehler eines jungen Gründers« angesetzt.

Die Lehre daraus wird am Ende hoffentlich deutlich. Meinen Vortrag habe ich für Dich in Schriftform gebracht:

Fehler in der Geschichte der Menschheit

Wenn wir eine Zeitreise in das 8. Jahrhundert vor Christus machen würden, würde ich mit meinem Vortrag heute ziemlich schlecht da stehen.

In Griechenland wurden Händler, die mit ihrem Unternehmen scheiterten auf den Marktplatz gesetzt. Mit einem Korb auf dem Kopf, damit das jeder sieht, dass sie verloren haben.

Vor ein paar hundert Jahren hat man in Südeuropa noch die Regel gehabt, dass gescheiterte Unternehmer nackt auf einem Platz in der Innenstadt ihren Kopf vor allen Menschen gegen die Wand schlagen mussten. Ein öffentliches Erlebnis, was ich hier heute niemanden wünsche anzusehen, wenn ich über Fehler sprechen werde.

In Mitteleuropa wurden lange Zeit Unternehmer, die pleite gingen mit einem eindeutigen Umhang ausgestattet, damit jeder davon erfuhr und gewarnt war. Wer dies nicht tat, wanderte für seinen Misserfolg direkt ins Gefängnis.

Bestrafung von Fehlern vermeidet Innovation

Auch wenn diese Szenarien fern von unserer heutigen Realität sind, wird klar, dass unter den Umständen der direkten Bestrafung von Fehlern die Lust innovative Dinge auszuprobieren direkt verloren geht. Und das, obwohl uns allen Bewusst ist, dass Innovation die größte Triebkraft des wirtschaftlichen Wachstums ist.

Heute wird man für Fehler zwar nicht mehr an den Pranger gestellt, doch in der Unternehmerwelt sieht man nicht viele davon der Öffentlichkeit präsentiert.

Oder hast Du schon viele Posts von Unternehmern gesehen, die gezeigt haben, was sie gerade so richtig toll versaut haben?

Wir können uns alle leicht in die Situation hineinversetzen. Wir machen einen Fehler und würden ihn am liebsten wieder schnell vergessen. Vor Kollegen, Partnern und Mitarbeitern einen Fehler einzugestehen fällt extrem schwer. Zu viel hängt an unserem guten Ruf!

Ich verstehe das komplett. Ich selbst habe einen ersten großen Fehler benötigt und eine weckende Stimmte benötigt, um es zu verstehen!

Mein erster Fehler

Mein erstes Unternehmen ist so köstlich gescheitert, dass ich bis heute mit noch niemanden darüber gesprochen habe. Eigentlich war es kein großer Fehler, aber mein erster.

Mein erstes Unternehmen war die BlowBox GbR – der erste Service in Deutschland, der mit Alkoholtestern durch Clubs gegangen ist, um Menschen einen Alkoholtest anzubieten.

Da zu Zeiten von Studentenpartys keiner einen Test gemacht hat, um zu wissen, ob er noch Autofahren könne, gab es bei uns gratis Schnaps, wenn Du Deinen Promille-Wert richtig geraten hast.

Ziemlich schnell verdienten wir jede Woche mehrere hundert Euro, kamen kostenlos in die Clubs rein und hatten jede Menge Spaß.

Doch wir entwickelten uns nicht weiter, bauten kein Team auf und wurden plötzlich von verkleideten Damen im Arzt- oder Polizeikostüm komplett verdrängt.

Als der Ansatz schließlich offiziell als moralisch schwierig galt, war es aus mit den Clubs.

Ich hatte genügend Geld verdient, um auf ein paar Startup-Events zu reisen. Jeder erzählte Erfolgsgeschichten und scheinbar keiner verlor. Jeder war einfach nur der geilste Hecht im Becken.

Ich hatte mich entschieden: Ich bin ein schlechter Unternehmer und werde es sein lassen. Daraufhin wurde ich Vorsitzender des Börsenvereins in Augsburg und ließ den von 7 auf 300 Mitglieder wachsen.

Das war der Zeitpunkt, als mich mein späterer Mitgründer davon überzeugte, dass ich doch ein guter Unternehmer sei. Und das zweite Unternehmen begann.

Free-Copy lief gar nicht

Wir hatten die Idee aus Japan. Als erster wollten wir nun auch in Deutschland an einem Free-Copy-Day kostenlose Kopien für Studenten anbieten. Auf der Rückseite der Kopien farbige Werbung von unseren Werbepartnern.

Nach 3 Monaten Akquise ging der erste Free-Copy-Day mit insgesamt 10.000 gratis Kopien in Augsburg an den Start. Ein satter Erfolg: Der Dönerladen, die Blumenladen und der Feinkostladen an der Uni hatten je eine achtel Seite gebucht. Die 150 Euro Umsatz resultierten in einen satten Gewinn von fünf Euro.

Ich war wieder gescheitert.

Doch dieses Mal sprach ich mit einer Agentur für Hochschulwerbung über meinen Verlust – in der Hoffnung zu verstehen, was ich falsch gemacht hatte.

Ich lernte, dass große Firmen 10.000 Euro pro Plakat und Semester an der Uni platzierten. Fand heraus, dass o2 von der Mediaplan in München verwaltet wurde und traf mich mit fünf relevanten Mitarbeitern zum Kaffee. »Ich würde gerne erfahren, wie die Werbeplatzierung funktioniert, weil ich mir selbst vorstellen kann, in einer Agentur zu arbeiten.«

Mir wurden alle Geheimnisse verraten. Nur große Budgets lohnen sich für den Aufwand. Die Agentur wird nach Rabatten, die sie herausholen bezahlt usw.

Also kopierte ich die Mediadaten der Süddeutschen Zeitung, stellte eine Standortkarte mit den 50 größten Universitäten Deutschlands vor und erhielt zu meiner Überraschung Buchungen im sechstelligen Euro-Bereich. Danach fuhr ich alle Standorte ab und besorgte mir die benötigten Kooperationen.

Doch mit meinem Partner hatte ich nie über unserer Ziele gesprochen. Ich wollte internationalisieren und hatte schon die nötigen Partner. Wir konnten uns nicht einigen und ich verkaufte meine Anteile. Ich wollte mehr und begann damit vielleicht einen Fehler. Wir waren schließlich auf dem Weg unsere erste Million zu machen. Im 5. Semester!

Ich lernte daraus, von Anfang an gemeinsame Ziele zu haben.

Teambon: Wie begeistert ist das Gründerteam?

Doch die Chance ohne Startup nutzte ich sofort. Ein Kommilitone entdeckte auf seiner Reise den Service GROUPON in der USA. Noch vor dem großen Hype um die Geschäftsidee mit den Gutscheinen, wollten wir zusammen Teambon gründen. Eine deutsche Variante.

Kurz bevor wir online gingen verkündete GROUPON eine 30 Millionen Dollar-Finanzierung, nur um in den kanadischen Markt vorzudringen. Wir wussten. Jetzt bekommen wir auch eine Finanzierung.

300.000 Euro hatten wir ohne Probleme nach einem kurzen Pitch versprochen bekommen. Doch einen Tag vor der Unterzeichnung sprang der Mitgründer ab und die damit auch der Investor.

Ich gründete alleine, ohne Geld. Ich lernte, Mitgründer zu finden, die nicht kurzfristig auf andere Ideen umspringen würden, sondern welche, die wirklich überzeugt waren. Doch ich wusste mittlerweile auch: Gebe niemals auf.

Teambon wuchs ohne Finanzierung teilweise schneller, als die aufkommende Konkurrenz. Und acht Wochen nach Gründung wurde ich von DailyDeal gekauft, um als CMO meine größten Fehler überhaupt zu begehen.

DailyDeal: Wachstum um jeden Preis

Als 23-jähriger CMO bei DailyDeal war es meine Hauptaufgabe, den Zielen des Unternehmens nachzukommen. Viel mehr die Ziele, die im Businessplan standen.

Dazu durfte ich so viele Menschen einstellen, wie ich wollte… was ich tat. Statt auf die effizienteste Lösung zu schauen, schaute ich, wer die beste Person am Markt war und stellte diese ein.

Unser Experte für Google-Anzeigen verdiente 8000 Euro für seinen Halbtagsjob und sollte in dieser Zeit mehrere tausend Keywords verwalten. Erst später lernte ich, dass Bid-Management-Tools dies für wenige hundert Euro im Monat viel besser erledigen.

Reine Wachstumsziele machten mich Blind. Wir waren in den irren Fängen des Wachstums gefangen, nur um schneller als CityDeal (Rocket Internet) von GROUPON gekauft zu werden.

Null Käufe durch Radiowerbung

Wir schalteten auch Radiowerbung im hohen Budget. Meine Messungen hatten ergeben, dass wir genau 0 Euro Umsatz damit erzielten. Auch nicht durch den Effekt, dass Radiowerbung die Online-Kampagnen verbessert hätten.

Ich habe mich vom CEO überzeugen lassen, die Werbung weiter laufen zu lassen, da die Budgets dafür im Business-Plan standen. Lieber haben wir das Geld aus dem Fenster geworfen, statt den Investoren einzugestehen, dass Radiowerbung sinnlos war.

Die Überzeugung: Wer seine Plan-Werte genau erreicht beweist Kompetenz. Auch die Plan-Werte auf Kosten-Seite. Ich bin mir sicher, dass wir mit dem Budget auf anderen Kanälen schneller gewachsen wären.

Ein TV-Spot zur Imagewerbung

Was ein guter Marketer im E-Commerce wissen sollte: Werbung muss transaktionsbasiert sein. So auch die TV-Werbung. Als mir das Top-Management erklärte, dass sie einen TV-Spot planen, war ich sehr froh darüber, weil TV einer der günstigsten und effektivsten Werbekanäle sein kann.

Leider habe ich den Spot nie gesehen, bevor er ausgestrahlt wurde – als CMO. Ich habe die Verantwortung nicht eingefordert, musst jedoch die Verantwortung im Nachhinein mit tragen.

Man kannte die Storys, wie ein Werbespot die Server von Startups überlastet hatte. Unser TV-Spot hat zur Primetime bei Germany Next Topmodel zu fünf Besuchern geführt. Mehr Worte sind nicht nötig.

Mein fehlender Nachdruck, über den Spot mitentscheiden zu können, führte zum Reichweite-Drama. Aber immerhin waren wir im Fernsehen!

Der Versuch alles richtigzumachen

Auch wenn DailyDeal am Ende für über 100 Mio. Euro an Google verkauft wurde, war die Zeit beim Unternehmen eher eine bittere Lernphse.

Ich kann unmöglich von einem nachhaltigen Geschäft mit langfristiger Ausrichtung sprechen, wenn das einzige Ziel ist, den Umsatz zu Erhöhen, während man die Pläne eins-zu-eins erfüllt.

Darum gründete ich Biodeals, um das gleiche Geschäft nachhaltig zu machen. Doch das Unternehmen rasselte in die nächsten Schwierigkeiten. Nach einem tollen Start, beteiligte ich zu viele Menschen am Unternehmen, um ein nachhaltiges Interesse bei allen aufzubauen.

Schließlich lähmte diese Struktur die Arbeit. Als zudem eine große Bilderrechtsklage auf uns traf und sich der Druck von allen Beteiligten erhöhte, war es für mich als Geschäftsführer auch vorbei.

Unterschiedliche Fehler: Ein Problem

Natürlich habe ich viel mehr Fehler gemacht. Doch diese Entscheidungen blieben in meinem Kopf hängen.

Sie umfassten verschiedene Bereiche:

  1. Zu klein gedacht.
  2. Zu groß gedacht.
  3. Ein wackeliges Team.
  4. Ein zu großes Team.
  5. Wachstum um jeden Preis.
  6. Keine aktive Übernahme von Verantwortung.
  7. Fokus auf Planzahlen, statt auf Effizienz.

Doch alle Probleme lassen sich in einem Motto zusammenfassen:

Meine Entscheidungen waren geprägt von Angst und Gier.

Es war bei allen Unternehmen mein Ziel, ein großes Unternehmen aufzubauen. Alle Kennzahlen basierten auf dieser Kenngröße.

Ich habe viele Fehler gemacht, aber nie darüber gesprochen. Erst Ende 2013, mit dem Scheitern des »nachhaltigen Unternehmens« bin ich auf den Trichter gekommen, meine Fehler ernsthaft zu hinterfragen.

Meine Entscheidung lautete: Ab heute baue ich Unternehmen nur noch mit dem Ziel, anderen Menschen zu helfen.

Der Fokus kehrte zurück auf:

  • Gute Produkte schaffen.
  • Menschen bei der Erreichung von Zielen unterstützen.
  • Die persönliche Weiterentwicklung stets berücksichtigen.
  • Fehler offen kommunizieren.
  • Ständig an der Qualität zu arbeiten, statt an der Quantität.

Und mit meinem letzten Startup WhatsService erreichte ich dieses Ziel. Als erster Anbieter zum professionellen Whatsapp-Versand von Unternehmen an ihre Abonnenten haben wir überzeugt und für tausende Menschen Wissen schnell zugänglich gemacht.

Mit dem Verkauf des Unternehmens Ende 2014 eröffnete sich die Möglichkeit den Menschen zu helfen, die finanzielle Freiheit als Ziel haben oder die ihr Vermögen vermehren wollen, um mehr Gutes für die Welt zu tun.

Gemeinsam mit meinem Bruder Felix (Finanzanalyst für den Deutschen Mittelstand) gründete ich den Alpha Star Aktienfonds, um Renditen für Anleger zu steigern. Das ganze mit dem Ziel, Investoren so gut zu informieren und unterstützen, wie keine Bank oder Vermögensverwalter dies tun könnten.

Mein Aufruf heute an Dich: Denke mehr darüber nach, wie Du anderen Menschen helfen kannst, wie Du Deinen Nutzen für die Gesellschaft maximierst.

Pure Größenziele machen blind. Blind für Fehler und für die wirklich großen Ziele des Lebens, die uns glücklich und bedeutend machen.

Einzigartigkeit und Wachstum entsteht durch Fehler, die wir mit Bewusstsein analysieren. Innovation und Wachstum entsteht durch Transparenz und Offenheit. Ich hoffe, Dir heute einen guten Ansporn gegeben zu haben, Deine eigene Wahrheit durch Offenheit zu finden und auch der nächsten Generation an Unternehmern zur Verfügung zu stellen.

Veröffentlicht von

Gero Gode

Gero Gode gründete über 10 Unternehmen in 10 Jahren und betreibt einen Family & Friends-Fonds mit ca. 100 Mio. Euro Volumen. Seine Lehren und Erfahrungen aus über 10 Jahren in intensiven Projekten und das Wissen aus seinem Netzwerk fasst er hier für Dich zusammen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert