Wer mich mehrmals in meinem Büro besuchen kommt, wird jedes Mal ein unterschiedliches Bild erleben. Mal Ordnung. Mal Unordnung. Es gibt gute Gründe, warum sich dieses Bild immer wandelt.
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Mir selbst wäre es gar nicht aufgefallen. Doch wenn mich Freunde im Büro besuchen, höre ich immer wieder unterschiedliche Kommentare.
Manchmal fragen sie mich, wie man bei dieser Unordnung arbeiten kann. Manchmal, wie bei dieser Ordnung Kreativität entstehen kann.
Eine seltsame Kombination an Fragen, wenn man sie auf einmal betrachtet. Doch legt man die Kommentare auf eine Zeitschiene, entdeckt man eine Bewegung, wie das Kommen und Gehen von Gezeiten.
Etwa einmal im Monat ist mein Raum komplett aufgeräumt. Ein paar Wochen später stapeln sich Bücher, Magazine Zettel, Unterlagen an verschiedenen Stellen des Tisches.
Wenn der Tisch nicht mehr reicht, halten andere Stühle, das Sofa oder Beistelltische her.
Wieso wir Ordnung lieben
Ordnung gibt uns Sicherheit. Du weißt, wo etwas liegt. Du weißt, wo Du Dokumente und Informationen finden kannst. Ordnung schafft Raum. Raum für freie Gedanken und einen klaren Kopf.
Gleichzeitig beruhigt uns Ordnung ungemein. Du gibst Deinem Gehirn das Signal, dass alles unter Kontrolle ist.
Wir bewegen uns in einer Komfortzone, die uns einen gleichlaufenden Alltag aufzeigt. Keine Auf und Abs. Nur Ruhe und Frieden.
In einem ordentlichen Rahmen ist unser gesamter Organismus in einer Stille. Unsere Sinne werden nicht überfordert und wir genießen den Platz vor uns.
Für alltägliche Aufgaben ist der Anblick eines freien Arbeitsplatzes sehr hilfreich. Wir fühlen uns zuverlässiger. Wenn etwas auf den Tisch kommt, versuchen wir es abzuarbeiten und können einen weiteren Haken auf unserer To-Do-Liste setzen.
Darum lieben viele Menschen Ordnung.
Warum ich auch Unordnung liebe
Auch wenn ich Ordnung liebe, kann ich sie nie über einen längeren Zeitraum halten.
Verschiedene Stapel entstehen auf meinem Tisch:
- Bücher mit Passagen, die ich lesen möchte
- Abzuarbeitender Papierkram (Reiseauslagen, Rechnungen und Behörden-Zeug)
- Neue Visitenkarten von Personen, die sich auf einen Kontakt freuen
- Ideen-Zettel, die neue, kreative Inhalte versprechen
- Material, das in Ordnern verstaut werden soll
- usw.
Jeder Themenbereich bekommt einen eigenen Stapel, sodass alle aktuellen Themen in einer Teilordnung über den Schreibtisch verteilt sind.
In diesen Phasen der gefühlten Unordnung bin ich unruhiger. Genau das Gegenteil vom vorigen Abschnitt tritt ein. Ich schaffe mir eine Quelle des Unwohlseins.
Doch warum? Warum versetze ich mich bewusst in eine Situation der Unordnung?
Ich weiß zwei Dinge über mich (und viele andere Menschen):
- Ein leicht unwohles Gefühl sorgt für neue Gedankenanstöße und Fortschritt.
- Viele Materialien und Ideen auf einem Blick sorgen für kreative Impulse.
Auf beide Punkte gehe ich nochmal im Detail ein:
Fortschritt durch Unordnung
Bill Eckstrom vom EcSell Institute lehrt Führungskräften, wie sie ihre Karriere erfolgreicher gestalten können.
Einer der größten Faktoren des Fortschritts ist für Ihn ein Ausbrechen aus gegebenen Denkmustern. Er weiß, dass wir uns in einem Gefühl der Sicherheit nicht weiterentwickeln können.
Das menschliche Gehirn strebt nach Sicherheit. Es ist aber gleichzeitig auch das faszinierende Instrument, dass in der Lage ist, völlig neue Wege zu entwickeln.
Beide Eigenschaften stehen im Widerspruch! Wir müssen unser Gehirn etwas austricksen, um Fortschritt zu erlangen.
Besonders deutlich wird der Gedanke des Wachstums in Krisenzeiten. Es gibt einen guten Grund, dass Nationen, die durch eine wirtschaftliche Krise gebeutelt wurden, danach oftmals mit weitreichenden Innovationen aufwacht.
Unternehmen, die es schaffen in schwachen Zeiten zu überleben schaffen danach häufig bemerkenswertes.
Grund dafür ist das Gefühl der Unsicherheit. Wir müssen bessere, kreativere und innovative Wege finden, um in Zukunft sicherer zu sein.
Die Zukunft steht immer bevor und die Zeiten ändern sich schnell. Unternehmer, die nie den Antrieb verlieren, sind erfolgreicher. Konzerne, die ewig auf bestehende Konzepte setzen, werden daher immer wieder von aufstrebenden Unternehmen verdrängt.
Amazon Chef Jeff Bezos erklärt auch immer wieder, dass es keinen Tag geben darf, an dem man nicht an die Möglichkeiten von morgen denkt. Durch diese Einstellung schafft er ständig Innovation und verbessert alle Bereiche seines Konzerns ständig.
Mein künstlich erzeugtes Gefühl der Unordnung schafft ebenso ein Gefühl von ständigem Antrieb. Die zahlreichen Stapel auf meinem Tisch beweisen mir täglich, dass meine Aufgaben noch lange nicht erledigt sind und es noch viel zu tun gibt.
Kreativität durch Unordnung
Gleichzeitig ist es für mich relevant immer wieder neue kreative Konzepte zu entwickeln, um Menschen zu zeigen, wie wichtig es ist, über den Aufbau und das Wachstum ihres Vermögens nachzudenken.
Neue Ideen und Ansätze entstehen stets aus der Summe mehrerer bestehender Modelle, die sich als Novum im Gehirn zusammensetzen.
Die Mischung der visualisierten Ideen auf meinem Schreibtisch sorgt für eine künstlich produzierte Gedankenvielfalt, aus der sich bei ruhiger Betrachtung ein Ideenbaum sticken lässt.
Ganz anders als in einer Evernote-Liste ergeben die gleichzeitig verfügbaren Ideen ein neues Bild, dass mir schon hunderte Ansätze durch scheinbaren Zufall ins Gehirn gebeamt hat.
Kreative Denkfabriken zeichnen sich durch Vielfalt aus. Das Schaffen einer Ordnung und das gedankliche Abheften einer Idee lassen diese direkt aus unserem Gehirn verschwinden. Was in einem echten oder virtuellen Ordner verschwindet, ist nicht jederzeit abrufbar.
Kreativität entsteht eben nicht mit der einfachen Aussage: Jetzt muss ich kreativ sein. Sie entsteht durch Zufall, ähnlich wie der Gedanke, der plötzlich unter der Dusche auftaucht.
Ordnung muss trotzdem sein
Dieser Artikel soll keine Empfehlung dafür sein, in einem Saustall zu leben. Viel mehr möchte ich dazu aufrufen, den Zeitpunkt des Aufräumens richtig zu wählen.
Wenn aus verschiedenen Ideen ein neues Projekt entsteht, dass sauber abgearbeitet werden muss, ist für mich der Zeitpunkt gekommen, aufzuräumen.
Ich schaffe mir regelmäßig Raum für neue Inspiration. Dieser Raum entsteht durch einen leeren Arbeitsplatz – jedoch nur mit dem Bewusstsein, dass es OK ist, ihn wieder zu füllen.
Wichtig ist mir bei diesem Gedanken, dass Unordnung keine Ausrede für Faulheit sein darf! Wichtige Dinge müssen weiterhin abgearbeitet werden und dürfen nicht untergehen. Auch, wenn dies nicht leicht ist.
Ich wünsche Dir einen kreativen Tag!