Du hast zwei Möglichkeiten ein Produkt viral werden zu lassen. Entweder bietest Du einen unglaublichen Mehrwert oder Du verwendest eingebaute Anreize zum Teilen.
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Wenn Gründer in Ihrem Startup-Pitch erwähnen, dass Sie durch virale Mittel wachsen wollen und daher kaum Marketingausgaben haben werden, rollt jeder Investor mit den Augen.
Tatsächlich konnte man vor etwa 15 Jahren mit dieser Aussage Gelder einsammeln – bis Investoren merkten, dass nur 2 % der Produkte tatsächlich einen starken, viralen Effekt auslösen.
Ist der Gedanke des automatischen Wachstums durch Empfehlungen wirklich tot?
Eigentlich nicht. Wir müssen uns jedoch bewusst machen, wie Viralität funktionieren kann.
Die Basis ist ein gutes Produkt
Wir brauchen kaum darüber sprechen, dass nur ein gutes Produkt auch weiterempfohlen wird. Du solltest einen klaren, spürbaren Nutzen schaffen. Die stärksten Mehrwerte sind monetär oder basieren auf sozialer Anerkennung.
Darüber hinaus sollte Dein Produkt viele bekannte Elemente und keine schockierenden Neuheiten enthalten. Wie das geht, habe ich im Artikel, wie Du alles verkaufen kannst, beschrieben.
An der Stelle muss ich auch nochmal das Buch Hooked empfehlen. Es zeigt auf, wie Dein Produkt selbst so aufgebaut werden kann, dass man süchtig danach wird.
Auch wenn viele Startups schon an diesen Barrieren scheitern, könnten die folgenden Ideen vielleicht dennoch funktionieren, um mehr Empfehlungen zu erhalten. Wenn Du ein gutes Produkt hast, sind die folgenden Ideen eventuell der Kicker zum großen Erfolg.
Cash oder Gutscheine für Empfehlungen
Provision ist das klassische Modell für Empfehlungen. Es ist einfach und klar kalkulierbar. »Wenn Du uns einen neuen Kunden empfiehlst, erhältst Du 6 € auf Dein Nutzerkonto.«
Unternehmen erzielen damit große Erfolge. Vor allem bei Projekten, bei denen es bereits ums Sparen geht. Pfennigfuchser werden mit einer höheren Wahrscheinlichkeit auch für ein paar Euro Guthaben ihre Freunde mit Links zu Deinem Service bedienen.
DailyDeal gab in den ersten Jahren 8 € für jede Neukundenempfehlung. Die Kosten lagen damit unter den durchschnittlichen Kosten für Neukundenwerbung über andere Marketingkanäle.
Ich erinnere mich auch an Startups, die extremes Wachstum erreichten, indem sie für die Anmeldung in ihrem Closed Shop (E-Mail-Adresse) einen Euro Provision vergeben hatten. Der Betrag konnte erst ab 20 Empfehlungen eingelöst werden.
Wie viel kannst Du geben? Die ideale Maßzahl liegt immer leicht unter dem Betrag, den Du sonst für Neukunden oder Abonnenten ausgeben würdest.
Du musst nur aufpassen, dass Deine anderen Werbepartner (z. B. Affiliates) Deine Gutscheine nicht mit ihren Kampagnen verknüpfen können. Das kann teuer werden.
Gratis Produkte für Empfehlungen
Manchmal kommen gratis Produkte noch besser an, als Geld. Dies gilt vor allem bei sehr begehrenswerten Produkten, die vielleicht sogar limitiert sind.
Tesla traf den Nagel zu Beginn auf den Kopf. Sie erreichten eine enorme Reichweite mit einer Kampagne, bei der sie Teslas an denjenigen verschenken würden, der die ersten 20 Käufe in einer bestimmten Region vermitteln würde.
Wie weit Du mit Deinem Geschenk gehen würdest, ist eine andere Frage. Geschenke funktionieren besonders gut, wenn Dein Produkt schon etwas bekannter ist.
Wenn Du Deinen Fans die Chance gibst, ein limitiertes T-Shirt zu erhalten, kann die Community bereits verrückt werden. Bei der Umsetzung könntest Du eine »Rallye« probieren. Dabei ist das Ziel nicht eine bestimmte Anzahl an Empfehlungen zu erreichen. Viel mehr geht es darum, z. B. zu den besten 30 Empfehlungsgebern zu gehören. Eine Statistik der aktuellen Position muss einsehbar sein.
Achte darauf, dass verschenkte Produkte unter Umständen versteuert werden müssen. Besprich Deine Aktion idealerweise mit Deinem Steuerberater.
Gratis Upgrades
Für Freemium-Modelle oder Startups mit verschiedenen monatlich zahlbaren Paketen könnte es spannend sein, gratis Upgrades anzubieten. Dropbox wuchs im großen Stil durch Bonus-Speicher für erfolgreiche Empfehlungen.
Natürlich kann man auch ein zeitlich begrenztes Upgrade auf ein Premium-Paket anbieten. Es kann sehr vorteilhaft sein, diese Variante zu verwenden, da sie Dich quasi nichts kostet und der Nutzer die Chance hat, Features aus Deinem Premium-Modell zu kennenzulernen.
Die Möglichkeiten in diesem Bereich sind vor allem als Softwareanbieter unbegrenzt. Vielleicht erstellst Du ein neues Feature, welches Du normalerweise sehr teuer verkaufen würdest. Jeder, der einen neuen Kunden gewinnt, erhält dieses Feature für immer kostenlos. Ein guter Hook!
Wenn monatlich neue Features vorgestellt werden, haben Deine Kunden Zeit, sich an die neuen Module zu gewöhnen, ohne mit zu viel neuen Informationen überlastet zu sein. Ab sofort gibt es mit jedem neuen Feature einen Grund, neue Kunden zu werben.
Für gewisse Zielgruppen mag es reichen einen Monat lang bei Empfehlung bestimmte Emojis oder Badges freizuschalten, die niemals wieder ein anderer haben wird.
Beide Seiten können gewinnen
Empfehlungen funktionieren besonders gut, wenn beide Nutzer etwas davon haben – der Empfehlende und der Empfohlene.
Dies funktioniert besonders gut bei transaktionsbasierten Geschäftsmodellen. Wenn Deine Kunden für jede Aktion, die sie durchführen zahlen müssen, ist diese Art der Promotion sehr aussichtsreich.
Du bietest beiden einmalig die Nutzung Deines Services kostenlos an. Dein bestehender Kunde sagt seinem Freund: »Mit diesem Gutscheincode, kannst Du diesen Service kostenlos nutzen.«
Ich habe das z. B. immer wieder bei Banken gesehen. Wenn Du einen Kunden wirbst, erhältst Du 50 Euro auf Dein Konto überwiesen und der geworbene Kunde erhält 50 Euro Startguthaben.
Dieser Weg funktioniert gut, weil Deine bestehenden Kunden ihren Bekannten einen echten Mehrwert verschaffen.
Das Beide-Seiten-Modell hat einen Nachteil. Höchstwahrscheinlich wirst Du mit einem Gutscheincode oder individuellen Empfehlungslink arbeiten. Du musst darauf achten, dass der Gutschein nicht auf jeder Internetseite erscheint. Je nach Programm solltest Du Dir eine Lösung überlegen, sodass Dein Projekt nicht plötzlich billig wirkt.
Gib guten Content, bevor Du nimmst
Guter Content kann funktionieren. Was hältst Du davon, Deinen besten Kunden ein eBook zu schreiben, um sie damit zu überraschen? Wenn das eBook oder auch ein kostenloses Videotraining einen großen Nutzen hatte, hast Du eine Basis des Vertrauens geschaffen, die schwer zu brechen ist.
Die Idee: Nachdem Dein Kunde Dein Geschenk genutzt hat, fragst Du ihn, ob er es weiterempfehlen würde. Du kannst ihn dafür auch belohnen. Eine klassische Lead-Seite, die von Deinen Kunden versendet wurde, kann dann E-Mail-Adressen einsammeln.
Guter Content ist nicht leicht zu erstellen. Du kannst es Dir nicht leisten, Schrott zu verteilen. Ich wiederhole daher das Wort »Nutzen«. Nur wenn Du ihn schaffst, gewinnst Du die Herzen Deiner Kunden.
Für dieses Modell muss man sich gut mit Tracking auskennen. Pass auch auf, dass Du diese Aktion nicht zu oft durchführst. Wenn Deine Kunden das Gefühl haben, dass Du jeden Content nur ausgibst, um Empfehlungen zu erhalten, werden sie sich ausgenutzt vorkommen.
Dafür habe ich aber auch eine Lösung! Erstelle den Top-Content. Sende Deinem Kunden einen Link mit einem individuellen Tracking. Die aufgerufene Seite wird weitergeleitet auf die eigentliche Landingpage, doch der Code ist nicht mehr sichtbar.

Auf dieser Seite kann Dein Kunde das gratis Angebot teilen. Egal ob per Facebook, Twitter oder durchs Kopieren der URL – der Empfehlungsnehmer ladet auf der Landingpage mit E-Mail-Abfrage.
Punkte sind für alles da
Eine meiner Lieblingsmodelle zur Belohnung von Nutzeraktivität und für Empfehlungen sind Punkte. Du interagierst mit dem Produkt? Du bekommst Punkte. Wenn Du etwas kaufst, bekommst Du Punkte. Du schaust nur ein Video an? Dafür bekommst Du Punkte.
Punkte können Kunden süchtig machen. Das hat Pokerstars hervorragend verstanden. Die hauseigenen Stars Rewards sind vielseitig.
Du kannst sie für alle möglichen Produkte im Pokerstars Design eintauschen. Ich selbst spielte während des Studiums intensiv und erhielt ein komplettes Outfit »gratis« daraus. Zu der Zeit gab es als Gegenwert für sehr viele Punkte sogar einen Porsche zur Auswahl.
Der Vorteil bei Punkten liegt in der Flexibilität des Einsatzes. Du kannst Bonus-Features, Produkte, Merchandise und vieles mehr dafür anbieten. In der Regel hat jeder Punkt einen intern hinterlegten Geldwert.
Du musst darauf achten, dass Punkte, die später zu Kosten für Dein Unternehmen führen könnten auch als Rücklage gehalten werden müssen. Frage dazu am besten Deinen Steuerberater.
Das aufwendige Befürworter-Programm
Ich bin mir sicher, Du erinnerst Dich an die großen Kampagnen von Obama auf dem Weg zum Präsident. Mich hat unglaublich interessiert, wie er so viele Menschen mobilisieren konnte.
In Buch von Douglas Wilson erklärt der Field Director, wie er es schaffte, tausende Menschen zu mobilisieren. Doch schon vorher verfolgte ich das Geschehen auf Obamas Website. Wenn man sich einloggte, entdeckte man alle Möglichkeiten der Mithilfe. Man konnte Mails schreiben, Anrufe organisieren, von Tür-zu-Tür gehen oder Events veranstalten.
Unternehmen haben von Obama und auch von Büchern (wie das genannte) gelernt. »Advocate Marketing« war schon immer da, doch mittlerweile sind die Regeln des Erfolgs bekannt.
Gebe Deinem Nutzer kleine Aufgaben, die Dir helfen erfolgreich zu sein. Diese Aufgaben umfassen vor allem einfache Dinge, wie Content auf verschiedenen Wegen teilen.
Die Aktionen müssen einfach sein und spielerisch umgesetzt werden. So wird aus der Kampagne ein Erfolg. Schließlich belohnst Du alle aktiven Teilnehmer mit Punkten (wie im Absatz zuvor beschrieben) und gibst Geschenke dafür raus.
10 Beispiele findest Du bei Duel.
Deine Zielgruppe entscheidet
Abschließend möchte ich Dir nochmal auf den Weg geben, wie wichtig es ist, Deine Zielgruppe richtig einzuschätzen. Worauf legt sie Wert? Nur wenn Deine Aktion darauf ausgelegt ist, kann sie funktionieren. Alles andere wäre Glücksspiel und häufig auch viel verschenktes Geld und Zeit.
Ich habe in jedem Abschnitt erklärt, für welche Art von Unternehmen die verschiedenen Aktionen sinnvoll sind. Manchmal funktionieren auch Kombinationen aus mehreren Varianten.
Wenn Dein Produkt durch eine einfache Aktion viral wird oder wurde, würde ich gerne davon erfahren. Gerne nehme ich Deine Story in meinem Artikel auf!
Hallo Gero,
danke für den guten Artikel. Ich werde sehen, was sich davon für mich umsetzen lässt!
Zum Freemium Model hab ich noch eine hilfreiche Erfahrung zu teilen: Ich habe mal eine Software geschrieben, bei der Premium Mitglieder Dateien nur verschlüsselt abspeichern konnten. Das ganze hat eigentlich dazu gedient, Premium-Content zu schützen, hat aber am Ende zu einer Vielzahl von Premiumaktivierungen geführt. In manchen Gruppen wurde der Premium-Content einfach weiterentwickelt und nur als Premiumuser konnte man diesen individuellen Content lesen.